Margit Kern - Akkordeon solo

 

Programm Sonntag 25. Mai, 20 Uhr Heinrich-Heine-Haus:

Charlotte Seither Herzform, Krater (2001)
Eckart Beinke bhi (2003)
Tapio Nevanlinna Hug (2002)
Babette Koblenz Sans soleil (1996)

"bhi" ist eine indogermanische Wortwurzel für unter anderem "biben". Seit Martin Luther erhielt das Wort eine Umdeutung in "beben" im Sinne von "zittern" Das Werk thematisiert Klangbebungen. Die Wurzel der hörbaren Bebung ist das Beugen des Tones.

"Sans soleil": Das Werk entstand unter dem Eindruck eines Dokumentarfilmes mit gleichem Namen über die Stadt Tokio. Die Extreme von Schatten und Helligkeit entfalten eine unaufhörliche sich entwickelnde Dynamik.

 

Biographie:

Margit Kern, geboren 1967, erhielt ihren ersten Unterricht bei Charlotte Kirschner in Darmstadt, 1986 begann sie ihre Ausbildung an der Staatlichen Hochschule für Musik bei Hugo Noth. Dieses Studium wurde 1989 bis 1994 durch das evangelische Studienwerk gefördert. 1990 und 1991 studierte sie an der Sibelius Akademie in Helsinki bei Matti Rantanen. Sie beschäftigte sich dort unter Anleitung von Anneli Arho-Tiensuu intensiv mit Fragen der Analyse zeitgenössischer Musik. 1992 erwarb sie das Diplom der Musikhochschule Trossingen. Eine Fortsetzung des Studiums bei Hugo Noth folgte. Nach der Künstlerischen Ausbildung schloß sie ihre Studien mit dem Examen der Konzertreife ab.

Margit Kern ist erste Preisträgerin des "International Gaudeamus Competition for Interpreters of Contemporary Music". Sie konzertiert als Kammermusikerin sowie als Solistin national wie international. Sie konzertierte mit Siegfried Palm beim "Internationalen Musikforum Klagenfurt/Viktring". Konzertreisen führten sie zu den Festivals in Odense/Dänemark, zu Concerto Rotterdam/Niederlande und in andere europäische Länder. 1995 debütierte sie in den USA. Sie konzertiert zusammen mit unterschiedlichen Ensembles für Neue Musik. Ihre künstlerische Arbeit ist in zahlreichen Rundfunkaufnahmen dokumentiert. Sie ist Gast zu Kursen in Österreich, Niederlande und Deutschland. Als Gastdozentin folgte sie Einladungen nach Klagenfurt und Groningen. Im Studienjahr 2001 war sie Gastdozentin an der Musikhochschule Turku/Finnland.

Seit 1996 unterrichtet Margit Kern an den Musikhochschulen in Lübeck und Bremen.

 

 

 

Charlotte Seither

Es ist eine Art Hybris, die mich interessiert, das Surren im Ungleichen, in dem sich das gerade noch Wahrnehmbare immer weiter aufspaltet und ins Innere verzweigt. So gesehen brauche ich immer weniger Material, gelange aber zu einer immer differenzierteren Sprache. Je mehr ich auflöse, um so mehr schließt sich zusammen. Charlotte Seither, 1998

Charlotte Seither wurde 1965 in Landau/Pfalz geboren und studierte Komposition, Klavier, Musikwissenschaft, Schulmusik und Germanistik in Hannover und Berlin. 1998 wurde sie bei Rudolf Stephan zum Dr. phil. promoviert. Sie erhielt verschiedene Preise, darunter den diesjährigen Förderpreis der Ernst-Siemens-Musikstiftung (2002), den 1. Preis im Internationalen Kompositionswettbewerb "Prager Frühling" (1995) und den 1. Preis im Kompositionswettbewerb des Göttinger Symphonie Orchesters (1994). Daneben war sie Stipendiatin der Cité des Arts Paris (1999), des Deutschen Studienzentrums Venedig (1993), der Villa Aurora Los Angeles (2000) und der Studienstiftung des deutschen Volkes (1987-91). Im Wintersemester 2002/3 hat Charlotte Seither eine Gastprofessur für Komposition an der Hochschule der Künste Bremen übernommen (Lehrstuhlvertretung für Younghi Pagh-Paan).

Herzform, Krater (2001) für Akkordeon

Zwei grundsätzliche Bewegungsformen bestimmen das Stück: Die klanglich changierende (mitunter auch in Punkte zerlegte) Linie sowie die schwere, langsam verfließende Masse. Beide Elemente werden auf verschiedene Weise ineinandergeschoben, miteinander verkeilt und auseinander herausgezogen und bilden so ein dynamisches Gefüge, das von verschiedenen Formen des zeitlichen Verlaufs bestimmt ist. Gleichwohl fließt alles in sich zusammen und bildet einen nicht abreißenden, stets vorwärtsgerichteten Strom. Charlotte Seither

 

http://www.baerenreiter.com/html/zeitgen/seither.htm

Eckart Beinke

1956 in Oldenburg geboren und von Haus aus Rockmusiker, studierte nach beruflicher Tätigkeit im Sozialbereich Musikpädagogik an der Carl-von-Ossietzky-Universität, Oldenburg. Er studierte anschließend Komposition bei Jens-Peter Ostendorf und Klavier bei Luciano Ortis an der Hochschule für Künste Bremen, als Stipendiat des Evangelischen Studienwerks in Villigst. Studien der elektro-akustischen Komposition am Conservatoire National de Région Bordeaux und ein Kompositionsstudium bei Gérard Grisey am Conservatoire National Supérieur de Musique de Paris schlossen die Ausbildung ab. Während des Studiums wurde er nach Darmstadt (Institut für Neue Musik und Musikerziehung) eingeladen. Ein erstes Portraitkonzert wurde vom BBK-Bund Bildender Künstler in Bremen durchgeführt. Die Zusammenarbeit mit bildenden Künstlern ist regelmäßiger Teil seiner Arbeit: "Klangskulpturen" als Kompositionsauftrag des Dresdner "Max-Planck-Institut für Physik komplexer Systeme", gemeinsam mit Wolfgang Zach. Eckart Beinke ist seit Gründung (1990) Vorsitzender des Vereins oh ton - Förderung aktueller Musik und seit der Gründung in 1994 künstlerischer Leiter des oh ton-ensemble. Er ist Mitglied des künstlerischen Beirats des "Edith-Russ-Haus für Medienkunst" und führt einen Lehrauftrag an der Carl-von-Ossietzky-Universität, Oldenburg, im Fach Musik aus. Beinke erhielt zahlreiche Kompositionsaufträge und Stipendien, so ein Arbeitsstipendium und 1999/2000 das Jahresstipendium des Landes Niedersachsen. Aufführungen seiner Werke im In- und Ausland, u.a. bei ppIANISSIMO in Sofia, Bulgarien; auf Einladung des Goethe Instituts Konzerte und workshops in Frankreich. Auswahl durch die internationalen Jurys der ISCM (Internationale Gesellschaft für Neue Musik) für die "Welt-Musik-Tage" 1998 in England und 1999 in Rumänien: Aufführungen des "1. Saxophonquartett" in Manchester vom "Apollo-Saxophone-Quartet" und 1999 der "Introversion III" durch das "Trio Contraste" in Rumänien.

http://www.ohton.de/beinke.htm - Verlag: P.J. Tonger, Köln.

Tapio Nevanlinna

Tapio Nevanlinna (b. 1954) Tapio Nevanlinna studied viola, percussions, and composition with Paavo Heininen at the Sibelius Academy. In 1986 he received a Diploma in Composition. Besides his work as a composer, Nevanlinna has held the position of a music theory teacher at the Sibelius Academy since 1982. The basis for Nevanlinna`s composing style is post-serialism, from which he has proceeded towards global thinking. In his music he aims for objectivity and absoluteness with respect to music itself. (Source: Heiniö et al. 1994 [toim.]. Suomalaisia säveltäjiä. Helsinki: Otava).

www.fimic.fi/contemporary/composers/ nevanlinna+tapio

Babette Koblenz

Sie sucht eine Ganzheitlichkeit des Denkens innerhalb einer Gesellschaft, die nur in ausschnitthaften Details operiert. Wo im Zeitalter der Videoclips die Wahrnehmung in knappe optische und akustische Segmente zerfällt, denkt die Komponistin Babette Koblenz an Universalität, möchte sie Bezüge herstellen und der Vereinzelung entgegensetzen. In ihre Musik sind Anregungen verschiedenster Herkunft eingegangen: aus Jazz, Pop, Rock und Reggae, aus Malerei und Kabbala, aus orientalischem Gedankengut, außereuropäischer Musik und althebräischen Psalmen. All diese Einflüsse sammeln sich in einer klangsensiblen Musiksprache, die bestimmt ist von großer rhythmischer Kraft. Beat und Off-Beat, polare und mikrorhythmische Strukturen schaffen Spannungsfelder, pulsierende Rhythmen aus der afrikanischen Musik treffen in undogmatischer Synthese auf additive Rhythmusmodelle der europäischen Avantgarde. Schon das früh entstandene Septett „Walking on the Sun“ von 1982 bezieht seine Sogwirkung aus konträrer rhythmischer Bipolarität, die in dem Schlagzeugsextett „Salpetrière“, 1990 in Donaueschingen uraufgeführt, dann zu einem dichten polyrhythmischen Beziehungsgeflecht erweitert ist.

Geboren wurde Babette Koblenz 1956 in Hamburg, wo sie auch heute noch lebt und ihre Werke im KODASI-Selbstverlag herausgibt, gemeinsam mit ihrem Ehemann, dem Komponisten Hans-Christian von Dadelsen. An der Hamburger Musikhochschule studierte sie zwischen 1975 und 1983 Musiktheorie bei Werner Krützfeldt und Komposition bei György Ligeti. Längere Auslandsaufenthalte führten die junge Komponistin nach Italien und Spanien, 1991/92 war sie Stipendiatin der Villa Massimo in Rom. Die Internationalen Ferienkurse für Neue Musik in Darmstadt, die sie ab 1976 mehrmals besuchte, waren mit ihrer stilistischen Vielfalt Ansporn, „selbst einen Standpunkt zu finden“. (...)

(...) Vielseitig ist das Werk von Babette Koblenz, es umfaßt unterschiedlichste Besetzungen, darunter bemerkenswert klassische Gattungen: ein Streichtrio, das im 17er-Takt stehende Klaviertrio „Le Monde“ mit rhythmischen Stauchungen und Dehnungen von 1991/92, die polystilistische Messe „Française“ (1991), basierend auf einem jüdischen Partisanenlied, oder auch Madrigale für gemischten Chor a cappella (1983/85) in stilistischer Anlehnung an Gesualdo. Daneben das Schlagzeugsextett „Sal- petrière“, den Song-Zyklus „Can’t Explain“, Schofar-Intonationen für Bläseroktett, Orchesterwerke und Musiktheater. Für ihre Kompositionen erhielt Babette Koblenz eine Reihe von Auszeichnungen, darunter 1981 den Preis der Jürgen-Ponto-Stiftung, 1988 den Rom-Preis der Villa Massimo, 1994 den Hindemith-Preis und 1998 den Bialas-Preis der Bayerischen Akademie der Schönen Künste.

Seit 1980 arbeitet Babette Koblenz an neuen Möglichkeiten des Musiktheaters und an einer spezifischen Gesangsstilistik. Dabei läßt sie sich leiten von der Idee einer Vernetzung der Künste, denn „durch das Erleben von Filmen beispielsweise mit ihren immer schnelleren Schnitten hat sich auch unsere Bild-Ton-Wahrnehmung geändert“, argumentiert sie, „und das muß sich im Musiktheater niederschlagen.“ Die Gattung der Literaturoper gehört für sie dem vergangenen Jahrhundert an: „Es ist für mich wichtiger, andere Formen der Textbehandlung zu finden, Text und Musik eine andere Rolle spielen zu lassen.“ Stationen dieser Entwicklung waren die Oper „Hexenskat“ (Saarbrücken, 1980), das musiktheatralische Ballett „Ikarus“ (II. Münchner Biennale, 1990) oder das Kammermusiktheater „Buch“ (Stuttgart, Schloß Solitude, 1990), das in Minimalbesetzung für Akkordeon, Viola und Percussion die Tragfähigkeit von Wort und Sprache umkreist. 1995 wurde in Hamburg und Berlin „Die Kinder von Bjelaja Zerkow“ im Rahmen der Ausstellung „Vernichtungskrieg. Verbrechen der Wehrmacht 1941 bis 1944“ aufgeführt. Entstanden im Auftrag von Hans Barlach und Jan Philipp Reemtsma, arbeitete Babette Koblenz in diesem nichtszenischen Dokumentarstück über die Erschießung von neunzig jüdischen Kindern im ukrainischen Bjelaja Zerkow im August 1941 mit verschiedenen Zeit- und Inhaltsebenen und der Durchdringung von vier Sprachen. Gesprochener Text trifft auf gesungenen und psalmodierten, allein dem Deutschen, der Sprache der Täter, verweigerte die Komponistin jede Musikalisierung. (...)

http://www.nmz.de/nmz/nmz1999/nmz04/rumpf/portrait-koblenz.shtml